Die Pressemeldung bei einfach-fuer-alle.de kündigt nicht nur die siebte Auflage des Biene-Wettbewerbs für das Jahr 2010 an, sondern auch die Umgestaltung der Kategorien und eine Erhöhung der Mindestanforderungen an die Teilnehmer.
Beim diesjährigen BIENE-Wettbewerb wurden die Kategorien geändert. Wo sich letztes Jahr Bewerber noch zwischen
- Informations- und Kommunikationsangebote
- Recherche- und Serviceangebote
- Einkaufs- und Transaktionsangebote
- Gemeinschafts- und Interaktionsangebote
entscheiden mußten, sollen sie sich dieses Jahr in die klareren und plausibleren Kategorien
- Unternehmen (Öffentliche und private Unternehmen, private Bildungseinrichtungen)
- Organisationen (Verbände, Stiftungen, Nichtregierungsorganisationen)
- Verwaltung (Kommunen, Bundes- und Landesbehörden, öffentliche Bildungseinrichtungen)
- Tagesaktuelle Medien
einsortieren.
Außerdem wurden die Mindestvoraussetzungen für die Bewerber erhöht, einfache Informationsangebote werden nicht mehr zugelassen. Um als Bewerber eine Chance zu haben, muß das eingereichte Webangebot eine Transkation, also eine Anmeldung, eine Bestellung, eine Abfrage oder ähnliches enthalten.
Die Macher versprechen sich einen Mitnahmeeffekt davon, denn
…[es] hat sich gezeigt, dass Webseiten, bei denen komplexe Prozesse barrierefrei gestaltet sind, in der Regel auch die Basisanforderungen erfüllen.
so Jutta Croll von der Stiftung Digitale Chancen. Vielleicht sind diese Verschärfungen auch Konsequenz des eigenen Erfolges, denn schon 2009 gingen mehr als 300 Einreichungen ein, 2010 dürften es nicht weniger werden. Ein großer Arbeitsaufwand, aus der schieren Masse der Einreichungen wirklich bemerkenswerte Websites herauszufiltern und einem genaueren Test zu unterziehen.
Klug ist es sicherlich, schon innerhalb des Bewerbungsbogens Grundlegendes zur Benutzbarkeit abzufragen und so bei etwas unerfahreneren Bewerbern Bewußtsein für Barrierefreiheit zu wecken.
Hilft das der Grundiee?
Trotzdem sehe ich die Gefahr, daß der Elfenbeinturm-Mentalität innerhalb der Barrierefreiheits-Bewegung Vorschub geleistet wird. Es entsteht der Eindruck, dass Barrierefreiheit im Internet nur etwas für ausgefuchste Webentwicklungsspezialisten ist und Otto-Normalseitenersteller gar nicht betrifft.
Nicht falsch verstehen, Expertenaustausch auf hohem Niveau ist extrem charmant und lehrreich, ich schätze Diskussionen über kleinste Randthemen wie den Einsatz von ‚aria-required‘ in Formularen und die Überprüfung von Vorgaben an der Realität, aber eine solch scharf fokussierte Betrachtung von Barrierefreiheit geht meiner Meinung nach an der breiten Öffentlichkeit vorbei, schreckt womöglich ab.
Offensichtlich sollen wieder Leuchttürme mit Preisen ausgezeichnet werden; fraglich ist, wie viele Websiteersteller und Agenturen sich davon erleuchten lassen. Ich denke, daß Schwarz-Weiß-Denke nicht weiterhilft, ein bißchen barrierefrei ist besser als gar nicht barrierefrei und Websites, die zumindest die Grundanforderungen erfüllen, sollten zwar nicht unbedingt einen „Trostpreis“ bekommen, aber man sollte sie nicht außen vor lassen, auch nicht beim BIENE-Wettbewerb.
Ebenso stelltsich mir die Frage, ob Transaktionen ohne zugängliche Informationen tatsächlich durchgeführt werden, denn wer meldet sich auf einer Website an oder kauft ein Produkt ohne sich eingehend informiert zu haben?
Mir würde es gefallen, wenn im Rahmen des Biene-Wettbewerbs ein Sonderpreis für besonders barrierefreie Content-Management-Systeme ausgelobt würde oder das schönste barrierefreie WordPress Theme einen Preis bekäme. So könnte Barrierefreiheit einer breiten Masse von Content-Produzenten zugänglich gemacht werden, Barrierefreiheit würde alltäglich, selbstverständlich und würde sich über solche Multiplikatoren sicherlich sehr gut verbreiten.